ElektroSpicker #028
Energiemessung in Rechenzentren nach DIN EN 50600
Warum ist eine Norm für Rechenzentren wichtig? Was ist bei der Umsetzung zu beachten, um die umfangreichen Anforderungen zu erfüllen?
Mit der rapide zunehmenden Digitalisierung in Industrie und Privathaushalten wächst auch die zu verarbeitende Datenmenge exponentiell. Steigende Anforderungen an einen unterbrechungsfreien Betrieb, Sicherheit und Speichermöglichkeit von Daten führen dazu, dass Rechenzentren als Basisinfrastruktur für die Digitalisierung eine wichtige Rolle einnehmen und die Verfügbarkeit dieser Rechenzentren oberste Priorität besitzt.
Die Digitalisierung ist andererseits für die Verwirklichung der Ziele des europäischen Green Deals und der Ziele für nachhaltige Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Ziel ist es, dass Rechenzentren bis 2030 klimaneutral werden. Diese doppelte Herausforderung und die damit einhergehenden Anforderungen werden in der europaweiten Norm DIN EN 50600 zusammengeführt.
Die DIN EN 50600 liefert umfassende Vorgaben hinsichtlich Planung, Neubau und Betrieb von Rechenzentren und definiert die Anforderungen an die jeweiligen Gewerke, wie beispielsweise
- Errichtung und Infrastruktur (Gebäude)
- Stromversorgung und -verteilung
- Regelung der Umgebungsbedingungen (Kühlung)
- Sicherheitssysteme
Aufbau der Norm
01
In Teil 1 sind die allgemeinen Konzepte geregelt. Hierzu gehört z.B. die Ermittlung der Rechenzentrums-Strategie. Auch der Auswahlprozess des passenden Standortes wird in diesem Teil beschrieben.
02
Teil 2 beschreibt das Design und damit u.a. die Gebäudekonstruktion sowie die technische Infrastruktur (Stromversorgung, HLK, Telekommunikationsverkabelung und Sicherheitssysteme).
03
Der Betrieb des Rechenzentrums ist in Teil 3 beschrieben. Dazu zählen auch Management-und Prozessbeschreibungen.
04
Teil 4 befasst sich mit Kennzahlen, die v.a. für die Bewertung der Energieeffizienz wichtig sind.
❯❯ HINWEIS. Eine der bedeutendsten Größen ist der PUE-Wert (Power Usage Effectiveness), der quasi den Wirkungsgrad und somit die Energieeffizienz des Rechenzentrums beschreibt.
Planung nach DIN EN 50600
Was muss berücksichtigt werden?
Eine Geschäftsrisikoanalyse ist die Grundlage für den gesamten Planungsprozess und alle späteren Festlegungen. Aus der Geschäftsrisikoanalyse resultiert die IT-Strategie des Unternehmens und daraus wiederum ergibt sich die Rechenzentrums-Strategie.
Damit ein Rechenzentrum konform zur EN 50600-1 ist, muss aufbauend auf der Geschäftsrisikoanalyse eine geeignete Verfügbarkeitsklasse ausgewählt werden. Die Versorgungspfade und Bereiche des Rechenzentrums müssen den geeigneten Schutzklassen entsprechen (EN 50600-1, Abs. 7.3.1). Des Weiteren muss ein geeignetes Niveau zur Energieeffizienz festgelegt werden (EN 50600-1, Abs. 7.4). Der Planungsprozess nach Abschnitt 8 ist ebenso anzuwenden wie die Planungsgrundsätze nach Abschnitt 9.
Die Gesamtverfügbarkeit des Rechenzentrums ist nach EN 50600 in 4 Klassen unterteilt, beginnend mit VK1 (Geringe Verfügbarkeit) bis VK4 (Sehr hohe Verfügbarkeit). Nach diesem Prinzip wird nicht nur die Stromversorgung und -verteilung, sondern auch die Regelung der Umgebungsbedingungen (Klima/Lüftung) sowie die Telekommunikationsverkabelung bewertet. Hauptkriterium sind dabei die Anzahl der Versorgungspfade und -quellen, die Redundanzen und die Auswirkungen eines Fehlers während Betrieb oder Wartung.
Entsprechend den Vorgaben der Norm lassen sich die Messgeräte in den Schaltanlagen und Verteilungen der Energieversorgung platzieren. In Teil 4 der Norm werden die Grundlagen für die verschiedenen Leistungskennzahlen eines modernen und zukunftsorientierten Rechenzentrums beschrieben. Diese Kennzahlen sind vor allem für den effizienten Betrieb der Anlagenteile von grundlegender Bedeutung. Sie dienen dem gemeinsamen Ziel die Ressourcen wirksam und effektiv zu nutzen. Dieses Thema greift die Norm auf und gibt durch sog. Granularitätsniveaus vor, an welcher Stelle eine Energiemessung und Netzanalyse notwendig ist. Diese Stellen nennt man auch Messpunkte.
Neben diesen werden auch die Genauigkeit der Messgeräte und die zu erfassenden elektrischen Werte definiert. Die Messung der Energieflüsse muss je nach gefordertem Granularitätsniveau bis in die Energieverteilung im Rechnerraum gewährleistet werden (sog. White Space).
Worauf sollte in der Energieverteilung geachtet werden?
Grundsätzlich bestehen an die Energieverteilung an sich quasi die gleichen Anforderungen wie in klassischen kommerziellen Anwendungen. Allerdings ist folgendes wichtig:
- Platzersparnis ist in den meisten Rechenzentren elementar. Besonders einfach und aufwandsarm gelingt das mit vormontierten, platzoptimierten Lösungen.
- Zur Erfüllung der EN 50600 ist die Überwachung der Stromkreise nach dem vorgegeben Granularitätsniveau mit entsprechenden Messeinrichtungen, wie zuvor erläutert, notwendig.
- Aufgrund der Wichtigkeit eines unterbrechungsfreien Betriebs, darf kein FI gesetzt werden. Stattdessen ist ein Differenzstromrelais einzubauen. Außerdem wird die Verwendung eines Stecksockelsystems empfohlen, mit dem unterbrechungsfrei Leitungsschutzschalter und Co getauscht werden können.
❯❯ IN EIGENER SACHE. Das 🔎 ABB Remote Power Panel kombiniert u.a. Stecksockel- und Stromkreismesssysteme in einem Gehäuse, um Platz zu sparen.
Fragen und Antworten
01Wie kann ich in der Unterverteilung (RPP) einen geeigneten Überspannungsschutz sicherstellen?
Durch den Einsatz eines Stecksockelsystems ergeben sich umfangreiche Möglichkeiten zur Intergration von weiteren Geräten. Hierzu zählt auch die Möglichkeit, den Überspannungsschutz für die gesamte Sammelschiene des SMISSLINE Systems über einen geeigneten SPD zu realisieren.
❯❯ IN EIGENER SACHE. Unser 🔎 SMISSLINE Stecksockelsystem wurde u.a. für die Anwendung in Datacenter ausgelegt.
02Der Betreiber legt sehr großen Wert auf die Sicherheit seiner Betriebsdaten. Wie wird dies in der Applikation gewährleistet?
Es empfiehlt sich ein Überwachungssystem mit SNMP-Schnittstelle, um eine Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommunikation durch Verwendung des SNMP v3-Protokolls zum übergeordneten Rechenzentrums-Infrastruktur-Management-System (DCIM) sicherzustellen.
❯❯ IN EIGENER SACHE. Hierzu eignet sich u.a. unser 🔎 Stromkreisüberwachungssystem CMS.